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zum Gräberfeld der Kriegstoten in Eger  (von Wolfgang Renner)


für einen Vortrag vor Ort am 20.Juni 2011 anlässlich der 20. Vogtland-Exkursion von Jürgen Jäger (Landeskundliche Exkursionsgruppe Weimar)

Eger – ein kurzer Abriss zur Geschichte

1061 Ersterwähnung von Eger, als eine Siedlung bayerischer Markgrafen.

(siehe Tagung „Dialoge mit Böhmen“ in Eger anlässlich dieses Jubiläums)

Im 12. Jahrhundert wird Eger Burg und Pfalz Kaiser Barbarossas und über Jahrhunderte hinweg eine blühende und reiche Handelsstadt;

Versuche vom tschechischen König Wenzel, Eger zu gewinnen, bleiben erfolglos. Hussiten belagern die Stadt und ziehen nach gütlicher Einigung wieder ab. Im Dreißigjährigen Krieg werden Wallenstein und seine Generäle in Eger ermordet.

Friedrich Schiller kommt studienhalber nach Eger und arbeitet an seiner Wallenstein-Trilogie. Und auch Goethe reist mehrfach an, als Badegast und zu geologischen Forschungen.

Nach dem Wiener Kongress fällt das gesamte Egerland an Österreich.

In der Folge des 1. Weltkrieges, und nach dem Rücktritt des österreichischen Kaisers im Jahre 1918, wird das gesamte Gebiet der Tschechischen Republik zugeordnet. In jener Zeit ist aber nur etwa jeder zehnte Einwohner ein Tscheche. Es gibt Widerstand der deutschen Bevölkerung gegen den Anschluss, aber der wird durch den Aufmarsch des tschechischen Militärs gebrochen.

1938 – nach Abschluss des Münchner Abkommens – marschiert Hitlers Wehrmacht ein. Aber schon zuvor hatte eine unbedachte Außenpolitik der Weimarer Republik bewirkt, dass ein fanatischer tschechischer Nationalismus entstehen konnte. Weil es beim deutschen Einmarsch keinerlei Widerstand gab, haben Nationalstolz und Identitätsbewusstsein der Tschechen erneut arg gelitten. Und so kulminierte nach der Befreiung im Jahre 1945 der Deutschenhass auf eine dramatische Weise: mit Aussiedlung, Vertreibung und Racheakten eines wilden Mob gegenüber den deutschen Bewohnern.

Eine juristische Grundlage für die Vertreibung der Deutschen gaben die sogenannten „Benes-Dekrete“, in deren Folgeregelungen in jener Zeit u.a. auch die Tötung Deutscher straffrei gestellt wurde. Den Sudetendeutschen warf man vor, dass sie am Einmarsch Hitlers schuld gewesen waren und damit überhaupt erst die Besetzung Prags durch deutsche Truppen ermöglicht haben.

 

Die Vertreibung der Deutschen war letztlich fatal für beide Seiten:

1930 hatte Eger 31.400 Einwohner, davon 11% Tschechen

1945, gegen Kriegsende, hatte Eger 45.000 Einwohner

Und 1947 hatte Eger nur noch 14.500 Einwohner, war eine leere, tote Stadt und strukturell eigentlich nicht mehr lebensfähig, weil Intelligenz und Handwerk fast völlig fehlten. Ansiedlungsversuche mit Tschechen scheiterten, dafür kamen Slowaken, Abenteurer, Repatriaten, Straftäter, und andere zwangsverpflichtete Bürger sowie Ungarn, Sinti und Roma.

1990 hatte Eger wieder 29.500 Einwohner, ein sozial vielfältiges Bevölkerungsgemisch.

2010, nach Mauerfall und europäischer Grenzöffnung, hatte Eger 34.000 Einwohner. Unter den derzeitigen Einwohnern leben ca. 3.000 Vietnamesen (von 30.000 Vietnamesen in Tschechien insgesamt).

Eger beherbergt Europas größten Asia-Markt...

 

Aktuell wird Eger wieder eine wichtige europäische Verkehrskreuzung und interessante Handelsstadt.

Ein EU-Projekt „euregio egrensis“, zu dem neben einigen böhmischen auch Landkreise aus Bayern, Sachsen und Thüringen gehören, befördern die regionale Entwicklung in der Mitte Europas.

Übrigens: Kaiserlich- österreichische Vermessungsbeamte hatten einst einen Punkt nahe Eger als den Mittelpunkt Europas festgelegt...

 

Die Grabstätten der Kriegstoten in Eger

Ein Ort, wo Leid auf Leid trifft...

Es ist ein schwieriger Ort: voller Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten. Zugleich ist es aber auch ein Ort, der vielleicht exemplarisch hilft, Europas jüngere Geschichte zu verstehen...

Hier soll man der Geschichte gedenken, und Zuversicht gewinnen...

 

Diese deutsche Kriegsgräberstätte wurde am 11. September 2010 eingeweiht    - also vor noch nicht einmal einem Jahr, und erst 65 Jahre nach Kriegsende...

Da ist noch längst kein Gras über die Gräber gewachsen, und an den Steinen gibt es noch keine Flechten, obwohl das Todesjahr 1945 auf den meisten Steinen steht...

Manche der hier Bestatteten sind gerade mal 20 Jahre alt geworden,

und mussten mehr als das Dreifache ihrer Lebenszeit auf eine würdige Bestattung warten...

 

5.598 Tote ruhen hier. Sie wurden an 145 verschiedenen Orten geborgen und zur Bestattung hierher gebracht

2.734 Tote konnten vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. identifiziert werden. Man hat ihre Namen und Lebensdaten auf den Grabkreuzen benannt, bzw. auf den Pult-Steinen verzeichnet, wenn sie unter den Unbekannten bestattet werden mussten.

Ein wetterfestes Namensbuch verzeichnet all diejenigen, von deren Tod man weiß, die nicht mehr aufzufinden oder nicht mehr zu bergen waren.

Bis zu 7.700 Einbettungen sind hier insgesamt noch vorgesehen.

Und: Es ist dies die elfte, und zugleich drittgrößte, deutsche Kriegsgräberstätte in Tschechien.

 

Unter den bekannten Toten sind hier auch 473 Zivilisten begraben. Tatsächlich dürften es aber noch viel mehr Zivilisten sein.

Diese toten Zivilisten sind oft Opfer gewaltsamer Racheakte nach dem Kriegsende gewesen. Eigentlich darf der VDK gar nicht nach ihnen suchen; die Suche nach den Toten ist in Tschechien oft nur über beschwerliche Umwege möglich. Das tschechische Gesetz verlangt (noch immer auf der Grundlage der sogenannten „Benes-Dekrete“), dass Soldaten und Zivilisten auseinander gehalten werden. Und so ist es völlig neu und durchaus bemerkenswert, dass hier in Eger erstmals Militär- und zivile Opfer der Vertreibung zusammen begraben sind und gemeinsam als „Kriegstote“ benannt wurden.

Die Odyssee der Kriegstoten

Die Stätte der Kriegstoten ist eine Erweiterung des alten Egerer Gottesackers, auf dem schon die deutschen Bewohner der ehemaligen Reichsstadt beerdigt worden waren. Man sieht noch die alten Bäume und alten Gräber, bemerkt aber auch eine ganz neue Mauer...

24,6 Millionen Kronen (fast 1 Million Euro) hat der Kriegsgräberfürsorge-Verein für die Sanierung des Areals bezahlt.

 

Der Friedhof war bis vor kurzem verwüstet. Nach der Vertreibung der Deutschen hatten die in das entleerte Egerland einziehenden Tschechen und anderen Völker ihren Hass auch an den Gräbern, Grüften und Särgen der einstigen deutschen Bewohner ausgelassen.

Selbst in sozialistischen Bruderzeiten wollte man Deutsche hier nicht mehr begraben. Die ewige Ruhe war an diesem Platz nur ein relativer Begriff.

 

Mitte der neunziger Jahre sollten hier schon einmal 1.750 gefallene deutsche Soldaten beigesetzt werden. Damals verbreiteten tschechische Rechts- wie Linksextremisten Gerüchte, dass damit ein Heldenfriedhof der deutschen Nationalsozialisten entstehen sollte. Aber auch weniger radikale Gruppen in Eger schlugen vor, die Pappsärge mit den Gebeinen der deutschen, mitunter blutjungen, Soldaten doch gleich nach Deutschland zu schaffen. Schließlich wurden diese 1.750 Gefallenen dann im nahen Marienbad beigesetzt.

Es gab zuvor auch schon einmal Verhandlungen, ob ein stillgelegter alter deutscher Friedhof in Prag als Sammelgrabstätte genutzt werden könne. Diese Verhandlungen sind offiziell an Fragen des Denkmalschutzes gescheitert. Konkret waren es wohl eher Bedenken über die hohen Kosten

- finanzieller, und nicht zuletzt auch politischer Art.

 

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. kennt etwa 5.000 Stätten, an denen tote Deutsche liegen. Die Zahl allein der toten deutschen Soldaten auf böhmischen und mährischem Boden wird auf etwa 180.000 geschätzt. Sie sind erst mit Kriegsende, als Soldaten der einstigen Heeresgruppe Mitte, gewissermaßen zwischen den Fronten der Roten Armee im Osten und der US-Army im Westen – zu einer Zeit, als der Krieg eigentlich längst entschieden war – gefallen.

 

Der VDK hat sich zur Aufgabe gemacht, Kriegstote zu bergen. Aber die tschechischen Gemeinden tun sich schwer, diese Toten zu bestatten.

Und so schob man deren Gebeine jahrzehntelang zwischen alten  Lagerhallen und ehemaligen Wehrmachtsbunkern hin und her.

Die zehn Soldatenfriedhöfe, die bereits bestanden, waren voll. Immer neu exhumierten Gebeine wurden schließlich in einer Armaturenfabrik in Usti zwischengelagert. Als das publik wurde, sprachen alle von einem Skandal:

Die Tschechen von einer Schande der Deutschen, die die Toten nicht nach Deutschland überführen wollten, und die Deutschen von einer Schande der Tschechen, die eine würdige Bestattung bisher verhinderten.

Danach kamen die Gebeine in einen alten Bunker der Wehrmacht auf einem Truppenübungsplatz. Für den aber zeigten neuerlich die Amerikaner ein großes Interesse für eigene Nutzungen (womöglich im Zusammenhang mit deren Plänen zum Raketenabwehrschirm in Europa?...).

Und so entsann man sich in Prag und Berlin schließlich wieder auf die alte Grenzstadt Eger. Die damaligen Außenminister Karel Schwarzenberg und Frank Walter Steinmeier engagierten sich für diese Kriegsgräberstätte an eben diesem Ort. Und auch Egers Bürgermeister Svoboda unterstützte das Vorhaben, was ihm zwar viel Lob von deutscher Seite einbrachte, im lokalen Wahlkampf aber nicht unbedingt geholfen hat...

 

Die neue Zusammenarbeit wurde nicht überall begrüßt. Ein „Verband der Freiheitskämpfer“ in Tschechien beispielsweise fühlte sich brüskiert und verkündete: „Wir waren von Anfang an, als die ersten Verhandlungen dazu geführt wurden, gegen die Errichtung eines deutschen Soldatenfriedhofs in Tschechien. Wir sind der Meinung, dass die sterblichen Überreste der Toten dort hätten verbleiben sollen, wo sie tatsächlich gefallen sind. Oder aber die deutsche Seite hätte die Gebeine der Toten nach Deutschland überführen und ihnen zu Hause eine würdige Grabstätte einrichten können.“

 

Die noch lange bestehenden immensen Widerstände gegen einen neuen Friedhof wurden mit viel Geld von deutscher Seite zum Teil beschwichtigt. Dabei wurde unter anderem auch der sich in einem respektablen Abstand befindliche tschechische Friedhof gleich mit saniert.

Heute stößt die 1,5 Hektar große Anlage viel weniger auf Vorbehalte.      

"Mit der Beerdigung der ersten Särge sind die Kritiker verstummt", sagt der Zweite Bürgermeister Michal Pospisil in einem Interview. Für ihn ist die Begräbnisstätte Mahnmal und Zeichen der Versöhnung.

 

An der Einweihung der Kriegsstätte nahmen fast 3.000 Gäste teil.

Auch wenn hier immer weniger einzelnen Personen gedacht werden wird, so mag man vielleicht doch den Wahnsinns bedenken, den der Verlauf von  Geschichte den Völkern bereit hält. Hier, an dieser Stelle in der böhmischen Provinz, kann man vielleicht erahnen, wie große Politik und Weltgeschehen immer auch auf den kleinen Bürger trifft.

Hier trifft nicht Schuld auf Schuld, sondern Leid auf Leid.

Soldaten oder Zivilisten? Deutsche oder Tschechen?

Wenn man in den Gräbern ehemaliger Internierungslager auf böhmischen Boden nach Soldaten sucht, werden auch Zivilisten exhumiert. Das geschieht zwangsläufig, aber gewissermaßen auch „illegal“. Es lässt sich heute kaum mehr unterscheiden, wer Soldat und wer Zivilist gewesen ist. Lediglich eventuell noch vorhandene Erkennungsmarken weisen die Soldaten aus.

Es kann heute auch nicht mehr ermittelt werden, ob die Zivilisten in diesen Internierungslagern eines gewaltsamen oder aber eines natürlichen Todes gestorben sind...

Unter den toten Zivilisten sind auch tschechische Kollaborateure, die in den Internierungslagern für die Deutschen landeten. Unter ihnen mit Svatopluk Innemann ein berühmter tschechischer Stummfilm-Pionier und mit Otto Peterka ein bekannter Historiker, der einst Rektor der Prager Universität war.

Zum Tod der vermeintlichen Kollaborateure schrieb die FAZ im Jahr 2010: „Sie wurden, wie Tausende andere Sudetendeutsche von Milizen und rasendem Mob erschlagen. Nachweislich viele Beteiligte darunter, die mit größter Brutalität ihre eigene Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten verdecken wollten...“

Tschechien ist der einzige Staat, mit dem Deutschland bis heute kein geltendes Kriegsgräber-Abkommen unterhält.

Erfassung, Schutz und Pflege der Gräber geschieht auf Basis eines Nachbarschafts-Vertrages von 1992. Dieser regelt, dass sich der VDK nur um gefallene Wehrmachtssoldaten kümmern darf.

In einer Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 sichern sich dann die Regierungen beider Staaten zu, mit den Wunden, die sich Deutsche und Tschechen im 20. Jahrhundert zugefügt haben, behutsam umzugehen. Die schlimme Vergangenheit sollte als Belastung der friedlichen Gegenwart und künftigen Freundschaft ausgeschaltet werden.

Die tschechisch-deutschen Beziehungen sind nach einhelliger Meinung von Politikern auf dem besten Stand ihrer Geschichte. Doch offensichtlich noch immer kompliziert genug: Knackpunkt sind die bereits genannten „Benes- Dekrete“, dazu kommt ein noch immer geltendes Gesetz, das die Strafverfolgung von Verbrechen an Deutschen aus der Nachkriegszeit ausschließt... Das offizielle Prag hat sich von diesen Regelungen bisher nicht distanziert. Begründung: Sie seien bereits „totes Recht“. Tatsächlich aber entspricht das tschechische Parlament wohl einem Mehrheitswillen des tschechischen Volkes noch immer, indem es diese Gesetze nicht aufhebt.

Dennoch unterstützt die Regierung mittlerweile recht großzügig die Aufarbeitung der Vor- und Nachkriegsgeschichte. Diese wird in der Regel von Nichtregierungsorganisationen, wie dem Verein „Antikomplex“, und von vielen Privatpersonen, vorangetrieben. So entsteht beispielsweise auch derzeit ein „Museum der Deutschen“ in Aussig/ Usti nad Labem, welches 2012 eröffnet werden soll und zeigen will, wie tschechische Traditionen, Politik und Lebensart 600 Jahre lang auch von deutschen Landsleuten mit  geprägt wurden. Und auch die Vertreibung von 1945 soll dabei ein Thema sein. Im Stadtmuseum von Eger finden wir derzeit noch nichts dazu...

Seit 2008 gibt es erste polizeiliche Ermittlungen zu Nachkriegsereignissen, ein Novum in der tschechischen Politik. Staatliche Behörden betrieben  Aufklärung unter anderem zu einem Massaker 1945 im nordböhmischen Potoloprty/ Postelberg (dem größten Massaker der Nachkriegsgeschichte bis Srebrenica). Und 2010 untersuchte man Ereignisse in Dobronin/ Dobrenz, bei den Deutsche Opfer eines grausamen Verbrechens wurden. Das geschah, nachdem ein Journalist Anzeige erstattet hatte. Solche Ermittlungen bringen an sich keine neuen Erkenntnisse; denn die Vorgänge sind den älteren Generation vor Ort durchaus bekannt. Neu aber ist, wie damit umgegangen wird. In Dobronin haben die Einwohner, als die Ausgrabungen durch die Polizei begannen, ein Holzkreuz zum Gedenken aufgestellt. „Das ist ein langsamer Prozess hin zur Normalität“, wertet Ondrej Matejka, der Geschäftsführer von „Antikomplex“, das Geschehen.

Deutschenhass als Bindeglied tschechischer Identität ?

Die Versöhnung von Tschechen und Deutschen ist bei solchen Projekten, wie sie beispielsweise „Antikomplex“ verfolgt, ein guter „Nebeneffekt“. Deren eigentliches Ziel aber ist eine Reflexion eigener tschechischer Geschichte und Identität, und zwar auf eine Art und Weise, wie sie bisher so noch nicht stattgefunden hat. Das ist mitunter ein schmerzhafter Prozess. Aber immer mehr Tschechen sind bereit, sich auch dieser Geschichte zu stellen. Und die Aufarbeitung eigener Verbrechen nach dem Krieg ist in Tschechien tatsächlich viel weiter, als es medial erscheint...

 

Wie aber kam es zu diesen seltsamen Benes-Dekreten?

 

-        Die Tschechische Republik nach 1918 war eine demokratische Republik. Das galt allerdings nur für die Tschechen, und nicht für die Deutschen; die nämlich blieben in jener Zeit weitgehend einflusslos. Tschechien war, wie viele andere europäische Länder jener Zeit auch, ein nationalistisch geprägter Staat...

 

-         1937/38 berufen sich die Sudetendeutschen auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und feiern den Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Um gleich hernach im nun totalitär regierten Deutschland auf dieses Selbstbestimmungsrecht wieder zu verzichten...

 

-         Die deutsche Herrschaft im „Protektorat Böhmen und Mähren“ beging viele Verbrechen an den Tschechen...

Ursprünglich hatten auch schon die Deutschen Pläne zur Aussiedlung der tschechischen Bevölkerung aus Böhmen. 1939/40 wandelte sich die Ideologie der Nationalsozialisten infolge der Ereignisse und unter den Zwängen des Krieges: Nicht mehr Vertreibung, sondern eine Germanisierung der tschechischen Bevölkerung war jetzt das Ziel. Damit begann ein gnadenloser Kampf gegen alles Tschechische.

 

-        Ironischerweise hat eben diese Germanisierungspolitik viel mehr zum Aufstau des Hasses bei den Tschechen geführt, als es möglicherweise eine Aussiedlung getan hätte...

Nach 1945 betrachten die Tschechen die Vertreibung der Deutschen als einen „alternativlosen“ Akt, um nicht wieder der Gefahr einer Annexion ausgesetzt zu sein...

 

-        Viele Sudetendeutsche sehen sich daraufhin als unschuldige Opfer in diesem Prozess. Die tschechischen Bürger sind es aber zugleich... Tschechen nennen das Ereignis noch heute „Aussiedlung“, während Deutsche meist den Begriff „Vertreibung“ dafür verwenden...

 

-      Der tschechische Politiker Edvard Benes gilt auf deutscher Seite von jeher als Deutschenhasser. Es heißt, er habe bereits um 1939 die Vertreibung der Sudetendeutschen als politisches Ziel vertreten. Möglicherweise ist das ein propagandistischer Fakt. Tatsache ist, dass Benes zunächst ein humanistisch geprägter Politiker ist und vorerst einen nur partiellen territorialen Bevölkerungsaustausch mit den Deutschen verhandeln wollte. Unter dem Druck der tschechischen Widerstandsgruppen, der öffentlichen Stimmung und nicht zuletzt unter dem Druck der Sowjetunion wurde er zu dem Politiker, mit dessen Name man heute Vernichtung und Vertreibung verbindet...                                                           

 

-        Ein Hass auf alles Deutsche wurde schließlich zu einem identitätsstiftendem Element für tschechische Politik und Kultur, über viele Jahrzehnte hinweg. Und dieser tschechische Hass bekam 1968, bei der Niederschlagung des Prager Frühlings mit Unterstützung der DDR, noch einmal kräftige Nahrung...

Der Erinnerungsort

Erst Prozesse der europäischen Einigung bringen allmählich eine „Normalität“ in der Behandlung deutsch-tschechischer Geschichtsereignisse.  

Der Friedhof der Kriegstoten in Eger ist dabei ein  Erinnerungsort für die ältere Generation  und sollte eine Mahnung für die Jüngeren sein.

 

 

 

Wolfgang Renner

PSF 2501,

99406 Weimar 

ksft@gmx.de

Tel.: 03643 51 57 51


                                                               Juni/ Juli 2011


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