Heute war wieder eine Leistungswanderung an der Reihe. Elke Schatz mit der Unterstützung Dr. Bernd Dahms hatte sich wie immer akribisch vorbereitet und konnte 20 Wanderfreunde für die Wanderstrecke von 19,3 km begeistern.
Mit der Erfurter Bahn und Der Bahn kamen wir sehr schnell über Göschwitz nach Dorndorf zum Ausgangspunkt unserer Wanderung. Nachdem wir die nach der Wende ausufernde Zersiedlung im Saaletal Richtung Tautenburg verlassen hatten, empfing uns der Frühlingsforst um Tautenburg.
Unser erstes Ziel war Frauenprießnitz in 328 müNN auf den östlichen Höhen des Saaletales. Der Name bedeutet "Birkendorf", die Endung "-nitz" wird mit "Aue" übersetzt. Für die Geschichte des Dorfes sind die Schenken von Vargula von großer Bedeutung, da sie später als Schenken von Tautenburg über 200 Jahre Herren dieses Ortes waren, das war von 1427 bis zum Aussterben ihrer Thüringer Linie 1640.
1440 erhielten die Schenken Frauenprießnitz als Lehngut vom Herzog von Sachsen-Meißen. Im 30-jährigen Krieg wurde fast der ganze Ort durch einen Großbrand vernichtet, ebenso die Kirche und das Schloß, welches Anfang des 16. Jhdt. von den Schenken als Renaissanceschloß erbaut wurde (vormals Zisternzienserkloster).
Das heute noch stehende Justiz- und Rentamt wurde 1780 erichtet. Es ist das älteste Gebäude von Frauenprießnitz. Das Portal ist noch aus dieser Zeit, heute befinden sich Wohnungen darin. 1948 wurden auf Befehl der sowjetischen Militäradministration (SMAD) alle Gebäude bis auf das Hauptgebäude abgerissen und es entstand eine Maschinen- und Traktorenstation mit dem Namen "Thomas Müntzer", welcher auf einem Denkmal als "Volkstribun und Revolutionär" bezeichnet wurde.
Über die Kirche St. Mauritius wird viel berichtet, da sich auch Goethe im Auftrag seines Herzoges Carl-August mit der Grablege der Schenken von Vargula/Tautenburg beschäftigt hatte. Die letzte Beisetzung in dieser Familiengruft war 1647.
Herzog Carl-August beauftragte Goethe mit der Sanierung, als 1815 dieser Ort zum Großherzogtum Sachsen-Weimar kam. Besonders bemerkenswert ist die Orgel, welche schon zu DDR-Zeiten 1979 bis 1983 umfassend durch den ortsansässigen Tischlermeister und Orgelbauer Siegfried Schenke saniert wurde. Schon zu DDR-Zeiten hatten Orgelkonzerte an dieser Orgel einen guten Ruf. Am Dorfteich stehen 5 Steinkreuze, welche aus der Umgebung stammen.
Die Wanderung führte uns weiter Richtung Süden über die Landstraße 2306 direkt zur Burg Tautenburg. Im Tautenburger Forst befanden wir uns in einer Höhe von 272 müNN. Der Ort Tautenburg gehört ebenfalls zu den ältesten Orten in der Umgebung von Jena, er wurde 1223 erstmals erwähnt. Die Steine der Burg wurden 1780 abgetragen und zur Errichtung des Rentamtes in Frauenprießnitz genutzt, eine übliche Verfahrensweise in damaliger Zeit. Nur der Bergfried blieb stehen.
Tautenburg war im 19. Jhdt. ein beliebter Ort der Sommerfrische aus ganz Deutschland, den sogenannten "Luftschnappern", wie z.B. Fr. Nitzsche nebst Mutter und Schwester, Joachim Ringelnatz als Kind, Henry van der Velde, Max Reger und Ricarda Huch u.v.a..
Weiter ging es zur "Hohen Lehde", einem Naturschtzgebiet in ca. 200 müNN. Der Verleger Eugen Dieterichs hatte in Florenz einen Verlag gegründet und kam 1904 nach Jena. Hier veranstaltete er gesellige Abende für junge Menschen, welche nach Lebensalternativen suchten. Daraus entstand der "Sera-Kreis" und nachfolgend die Sonnenwendfeste auf der Hohen Lehde. Sera steht für das Symbol des Kreises. Dieterichs stand als magische Gestalt in der Mitte eines großen Kreises seiner Anhänger. Heute würde man zu magisch esoterisch sagen. In einem Bericht zur Sonnenwendfeier 1927 anläßlich des 60. Geburtstages von Dieterichs heißt es: "Die Bahn brachte Autoren des Verlages aus aller Welt, Wandervögelgruppen, Scharen der Jugendbewegung, Kunstschüler aus Weimar, Professoren und Studenten aus Jena und viele Ehrengäste."
Diese Bahnstrecke im Saaletal wurde 1874 in Betrieb genommen. Der Abstieg brachte uns wieder nach Dorndorf, wo wir noch kurz die Kirche St. Peter an der Brücke besichtigen konnten, welche 1727 erbaut wurde. Ersterwähnung des Ortes ist 1227.
Diese Brücke wurde 1263 fertiggestellt, über die die wichtige Frankenstraße zwischen Nürnberg und Leipzig verlief, der einzige Saaleübergang zwischen Jena und Camburg. 1890 wurde diese durch ein Hochwasser zerstört und dann, wenn auch nicht an gleicher Stelle durch eine stählerne Brücke auf 3 gemauerten Pfeilern als "Carl-Alexander-Brücke" ersetzt. Heute fristet diese ein Schattendasein, da sich die Verantwortlichen des Verkehrswesens in Thüringen mit der Übergabe der Brücke an die Gemeinde ihrer Verantwortung entziehen wollen. Ein Interessenverein bemüht sich um die Erhaltung dieses imposanten Ingenieurbauwerkes.
Wie am Morgen brachte uns Die Bahn und die Erfurter Bahn pünktlich zurück nach Weimar und alle Teilnehmer waren sich einig, wieder einen Teil der unmittelbaren Geschichte unseres Landes vorgeführt bekommen zu haben.
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