home


 4-Tage-Tour: Lehesten und der Schieferbergbau


Nach langen und intensiven Vorbereitungen durch Ursula und Eckardt Welscher konnten alle Interessierten Anfang September endlich ins Thüringer Schiefergebirge aufbrechen.
Dieses umfaßt in etwa die Region Probstzella – Leutenberg - Lehesten – Wurzbach bis hin zu den Saaletalsperren. Die Anreise erfolgte mit der Bahn bis Ludwigstadt (3.600 EW), gelegen im Tal der Loquitz.

Nur ganz wenigen waren Details des Schiefergebirges bekannt, denn jeder verbindet damit nur Dachschiefer.

Nun ja, es ging dann so…

Montag

 Vom Bahnhof 6 km wandern zum Staatsbruch Lehesten (weil immer dem Herzogtum gehörend), auf schönem Waldweg u.a. mit einem Eisenbahnviadukt der ehemaligen Anschlußbahn, ganz aus Schiefer errichtet, absolut einmalig.
Nach dem Aufstieg zum 640 m hoch gelegenen Staatsbruch der erste Aha-Effekt: Der riesengroße Tagebau mit einem Bergsee. Die Wassertiefe im See beträgt 40 m und die Schieferfelsen darüber erreichen 30 m. Die Flutung begann 2004 und steigt nicht mehr, weil ein alter Wasserstollen in die Loquitz ableitet.

Die ehemaligen Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude des Schieferbruchs sind nach der Stilllegung 1999 zu einem Erlebnispark umgestaltet worden.
Wir beziehen Quartier, ruhen uns aus, werden danach mit Uschis selbstgebackenem Möhrenkuchen überrascht und inspizieren dann das große Gelände indem wir das 20 ha Areal in einer Stunde umwandern.
Abendessen, Bier trinken, schwatzen, Bett

Dienstag

 Ziel ist das 6 km entfernte Schieferdorf Schmiedebach. Zunächst durch die Stadt Lehesten .

Einige Häuser mit aufwändigen, eindrucksvollen und damit teuren Verschieferungen.

In der Kirche hat 1530 Luther gepredigt und als Zweite Besonderheit steht dort seit 1872 die jemals größte gehauene Schiefertafel der Welt. Die Platte aus einem Stück 2,53m x 3,08m und 5…6 cm dick mit einem Gewicht von etwas über 1.000 kg.
Auf herrlichen Waldwegen geht es durch den Oertelsbruch vorbei an wahrlich unzähligen, riesengroßen Abraumhalden unserem Ziel entgegen.

Der Fabrikant Karl Oertel war bis 1943 der Besitzer des größten Schieferbruchs in Europa. Wenngleich vom gebrochenen Schiefer nur 5 % !!! verwendbar waren hat sich das Geschäft doch gelohnt.

Er führte als moderner Unternehmer Dampfbagger, Sprengungen, elektrische Maschinen u.a. ein. In Spitzenzeiten waren weit über 1.000 Arbeiter beschäftigt. Noch heute wird im Oertelsbruch gearbeitet, man stellt Schieferstaub und –splitt her.
Vorbei an ehemaligen, heute stark verfallenen Fabrikgebäuden einschließlich der Villa des Herrn Oertel kamen dann die ersten Häuser von Schmiedebach.

Schieferdorf deshalb, weil nahezu jedes Haus komplett verschiefert ist. Wir konnten auf dem Friedhof das Grab des Fabrikanten und dessen Nachfahren besichtigen, geschaffen vom Architekt Hermann Obrist (1862 – 1927) in sehr großer, einprägsamer Sakralkunst.

Hermann Obrist war einer der Wegbereiter des Jugendstils in Deutschland.
Steil bergauf Einkehr im Dorfgasthaus „Zur Linde“. Die Spezialität der ganz im Stil der 1960er Jahre beibehaltenen Gaststätte sind handgemachte Thüringer Klöße, nix aus Heichelheim und so.

Die Juniorchefin hielt noch einen Vortrag über den komplizierten Werdegang der Gaststätte von 1945 bis 1990. In privater Hand zu behalten, Grenzsperrgebiet, HO-Kommission, Grenzsoldaten, keine Laufkundschaft und, und, und... nun aber verkörpert sie die 6. Generation.

Nächstes Ziel die KZ-Gedenkstätte LAURA. Alle sahen den Einführungsfilm. 1943 bis 1945 hat man dort über 4.000 Triebwerke der V2-Rakete getestet bevor diese eingebaut wurden.
Zeitweise haben eintausend Häftlinge gearbeitet und sich zu Tode gerackert, LAURA wäre einen eigenen Vortrag wert.
Auf der Strecke der ehemaligen Zahnradbahn ging es wieder nach Lehesten, Kaffee und Kuchen beim Bäcker, zurück zum Quartier im Staatsbruch, Abendgestaltung wie zuvor und dann

Mittwoch

 Vormittag war Frau Beuche aus Lehesten bestellt um uns die technischen Anlagen des Staatsbruchs zu erläutern.

Absolut eindrucksvoll war der einzige in ganz Europa noch original erhaltene Pferdegöpel. Die Kraft der Pferde und Ochsen um die Förderkörbe hoch zu ziehen wurde später durch einen Elektromotor ersetzt, aber die Fördertechnik als solche steht noch immer an Ort und Stelle.

Frau Beuche führte uns mit hoher Sachkenntnis das spalten der Schieferplatten zu Dachschiefer, das ritzen der Schultafeln und das schneiden in eine der vielen möglichen Formen vor.
Jede Schieferplatte fürs Dach ist reine Handarbeit. Mit Vehemenz, Humor, technischem Wissen und praktischer Vorführung war die Führung der Höhepunkt des 3.Tages.

Wichtig: In der seit 1910 bestehenden „Deutsche Dachdeckerschule Lehesten“ werden noch
heute alle Gewerke des Dachdeckens ausgebildet bis hin zum Meister.
Wir haben gelernt, daß mit Schiefer umzugehen es keine Dachdecker schlechthin sind, sondern Schieferdecker!!!

Unser zweiter Tagesabschnitt führte uns hinauf auf den 792 m hoch gelegenen Wetzstein mit dem Altvaterturm.

In den Jahren1999 – 2004 haben in Hessen lebende Vertriebene des 2.Weltkrieges hier ihren nicht mehr  vorhandenen Originalturm aus dem Altvatergebirge nachgebaut.
Errichtet als Denkmal und Mahnmal gegen Vertreibungen, Heimatlosigkeit und Gewalt gegen Menschen, aber auch als Aussichtsturm über den Thüringer Wald.
In der gemütlichen Gaststätte lassen wir die Eindrücke nachwirken.
Noch ein Gruppenfoto und es ging wieder hinunter zum Staatsbruch. Abendgestaltung wie zuvor und dann

Donnerstag

 Hier reicht eine Kurzform, denn wir wandern auf gleichem Weg 6 km bergab zum Bahnhof in Ludwigstadt.
Und trotzdem sind die Blicke in die scheinbar gleiche Natur andere.

Kurz vor den ersten Häusern hat unser Spezialist für „Zusammenfassung und Dankesworte“ uns beiden Wanderleitern Uschi und Eckardt lobend erwähnt.
Für uns beide ist es immer wieder der beste Lohn wenn es allen gefallen hat, die immensen Vorbereitungen sich damit gelohnt haben und alle ihr Heimatwissen wieder ein Stück erweitert haben.

Eckart W.
Weimar 10. Sept. 2019

Ankunft auf dem Bahnhof Ludwigstadt / Franken !

Unterkunft im Haus "Kaue" im Schieferbruch Lehesten

Erläuterungen des Programms durch den Wanderleiter mit Blick über Ludwigstadt!

erste Ansicht des Betriebsgeländes des Staatsbruches "Schieferbruch" !

Abbauwand im Schieferbruch durch Sprengung!

Übersicht über den Staatsbruch - 40 m Wasserstand nach Flutung des Bruches!

Instruktionen am 2. Tag - Tour nach Schmiedebach.

Kirche in Lehesten - innen mit der größten Schiefertafel der Welt.

Innenansicht des Kirchenschiffes.

in der Sakristei predigte Luther auf dem Rückweg von Worms!

Waldweg nach Schmiedebach mit Trockenmauern aus Schiefer.

auf dem Friedhof Schmiedebach - Grab des Schieferbruchbesitzers Oertel!

Erläuterung an der Grabstelle.

im Dorfgasthaus in Schmiedebach - Warten auf handgemachte Klöße!

Die handgemachten Thühringer Klöse kommen aus dieser Küche!!!

Schieferaltar in der KZ-Gedenkstätte LAURA im Oertelsbruch bei Schmiedebach!

Führung durch die technischen Anlagen im Staatsbruch Lehesten!

Tagewerk eines Schieferspalters - eine Palette.

eine Schiefertafel wird mit Linien graviert!

Altvaterturm bei Lehesten!

Gruppenbild vor dem Altvaterturm - Uschi stehen die "Haare zu Berge!"

Häusermodelle für die Schieferdeckungen - hier Kirche von Gelmeroda bei Weimar!

 

Blick in den historischen Bruch - Abbau seit ca. 800 Jahren!



Wanderplan 2019 zur nächsten Wanderung